Bericht vom 2. Internationalen Radrennen

Das erste Radrennen in der Bodensee-Kampfbahn – sehr gut besetzte Felder und ausgezeichneter Sport
(Deutschen Bodensee-Zeitung, Ausgabe vom 6. Juni 1936, Beilage „Oberbadisches Sportblatt“)

Der erste Versuch, auf der Aschenbahn der Bodensee-Kampfbahn ein Radrennen durchzuführen, ist – davon konnten wir uns am gestrigen Sonntag überzeugen – vollauf geglückt. Das große Programm, das eine flotte Abwicklung fand, wurde reibungslos und ohne Hindernis durchgeführt. Die Aschenbahn ist also nicht nur für unsere Leichtathleten ein günstiges Lauffeld, sondern auch sehr gut geeignet für die Rennfahrer. Wir glauben, daß die gestrige Veranstaltung einen verheißungsvollen Auftakt für weitere derartige Konkurrenzen bildete. Man konnte mit großer Befriedigung auch hören, daß am 20. September die nächste große Radsportveranstaltung mit internationaler Besetzung in der Bodensee-Kampfbahn stattfindet.

Herrliches Sommerwetter lag über der Bodensee-Kampfbahn, als die internationalen Radrennen mit dem geschlossenen Einmarsch der Fahrer eröffnet wurden. Herr Ratsherr Ziehmel eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die erschienen Fahrer und Zuschauer im Namen der Arbeitsgemeinschaft der Konstanzer Radfahrer-Vereine.

Herr Spöhr, Singen, der Organisator so mancher Radrennen in Singen, war auch hier der rechte Mann. Er kannte sich mit den Rennfahrern aus und sorgte immer wieder dafür, daß das Publikum Freude und Gefallen an dem Gebotenen hatte. Und es wurde viel geboten.

Zum ersten Rennen auf der Aschenbahn stellten sich die Junioren über 20 Kilometer = 30 Runden in recht ansehnlicher Zahl dem Starter. In flotter Fahrt ging es bei sommerlicher Hitze um die Bahn. Ilg-Steckborn setzte sich bald an die Spitze des Feldes. Ein in die Kampfbahn gelaufener Hund behinderte die Fahrer, der Versuch des Einfangens brachte den Häschern aber nur Lacherfolge des Publikums ein; endlich war das Hindernis beseitigt. Unterdessen kam es schon zur ersten Wertung. Ilg-Steckborn holte sich die ersten fünf Punkte. Auch die zweite Wertung holte er sich. Ein Freund der Jugend stiftete eine Prämie für den besten Spurt für die Heinzmann-Singen Interesse hatte. Damit war das Signal gefallen, jetzt erwachten die deutschen Fahrer und da war es die Taktik von Heinzmann-Singen, ein Schüler des früheren deutschen Meisters Steger-Singen, der dem Spitzenführer den Rang abfuhr und die fünf Punkte der dritten Wertung für sich buchte. Auch die vierte Wertung konnte er gewinnen, und nachdem Ilg-Steckborn nachließ, konnte der Sieger nur noch Heinzmann heißen, und so kam es auch. Die letzte Wertung, die ja doppelt zählte, brachte ihm in tadelloser Fahrweise auch die zum Sieg noch fehlenden Punkte.

Das zweite Rennen war ein Zeitfahren für Amateure. Da gingen Fahrer, die Sieger vieler Rennen waren, an den Start. Steger-Singen, der deutsche Exmeister, ließ sich den Sieg nicht nehmen und gewann die 1000 Meter in 1,35 Minuten.

Zwölf Fahrer versammelten sich am Start zum dritten Rennen, einem Ausscheidungsfahren für Amateure. Jeder letzte Fahrer einer Runde am Ziel mußte ausscheiden. Da war jeder Fahrer auf gute Position bedacht. So wurde es den Zuschauern nicht langweilig. Ott-Konstanz war der Sieger, dicht bedrängt von Rupp-Schwenningen.

Kaiser-Stöckle, die deutschen Jugendmeister im Radball, stellen sich vor

In der nun folgenden Pause stellte sich der deutsche Jugendmeister im Radball Stöckle-Kaiser von Konstanz gegen den Schweizer Meister St.Gallen vor. Es war ein Spiel, an dem jeder seine Freude hatte. Das technisch hochstehende Spiel der Konstanzer sicherte ihnen schon bis zur Halbzeit einen Vorsprung von 9:0 Toren. Die Chancen für unsere Nachbarn standen also recht schlecht; ihnen mangelte es am nötigen Stehvermögen, sie mußten zu oft absteigen. Unser Jugendpaar Stöckle-Kaiser erhöhte den Vorsprung mehr und mehr und bald hieß es 11:0. Da glückte auch den Schweizern der erste Gegentreffer. Mit 16:3 blieben schließlich die deutschen Jugendmeister verdiente Sieger.

Nach dem Spiel nahm der Bezirksführer, Herr Direktor Stihl-Gottmadingen, die verdiente Ehrung der jungen deutschen Meister vor. Er betonte in seiner Ansprache, daß die beiden Jungen Konstanzer nicht nur der Stadt Konstanz, sondern auch dem Bezirk und dem Gau 14 des Radsports die größte Ehre erwiesen hätten, sie stellen ja für Baden den einzigen deutschen Meister im Radball. Herr Direktor Stihl überreichte den beiden jungen Kämpfern jedem ein Geschenk (eine Uhr, bzw. eine komplette Radbeleuchtung), und ermahnte sie, nicht auf ihrem Erfolg auszuruhen, sondern weiter zu kämpfen für weitere Erfolge.

Herr Spöhr-Singen ruft die Fahrer zum Hauptrennen auf. Bunt ist das Feld der Startenden. Das Rennen ging über 125 Runden = 50 Kilometer. Schon in der fünften Runde bildete sich eine Spitzengruppe in der sich vorwiegend Schweizer Fahrer befinden. Herr Spöhr macht die deutschen Fahrer durch den Lautsprecher aufmerksam, daß sie kämpfen müssen, wenn sie nicht wollen, daß unsere Nachbarn alle Sieger stellen. Ein Sportfreund stiftete 3 RM. als Wertungsprämie für den schnellsten Sprinter. Ein deutscher Fahrer, Martin-Singen, holte sich die Prämie.

Die zweite Gruppe fuhr eine halbe Runde zurück für sich allein, Schmidt-Säckingen führte hier die Verfolgergruppe. Neun Fahrer bildeten jetzt die Spitzengruppe und da ist es besonders Friedli-Winterthur, der für Tempo sorgt. Immer und immer wieder unternimmt er einen Vorstoß, dabei aus den einzelnen Wertungen fleißig Punkte sammelnd. Scherzinger-Villingen, Martin-Singen, sind die beiden deutschen Fahrer, die hier ihren Platz behaupten; Scherzinger-Villingen belegte auch bei der ersten Wertung den ersten Platz. In der zweiten Gruppe sind es Ruch-Zürich und Steger-Singen, die sich bemühen, die abgehängten Fahrer wieder an die Spitzengruppe heranzuführen. Aber es blieb beim Versuch. Grau-Winterthur war immer der Fahrer der durch Vorstöße neues Tempo brachte.

Der Radfahrer-Verein Kreuzlingen stiftet fünf Franken. Damit das Geld „im Lande blieb“ trat Friedli-Winterthur zum Spurt an und gewann die Wertung. Er war so in Schwung gekommen, daß er allein weiterfuhr. Aber Scherzinger war auf der Hut und führte das Feld wieder heran. Eine Prämie, gestiftet von Herrn Julius Martin, findet auch in Friedli seinen Besitzer. Scherzinger-Villingen läßt etwas nach, konnte sich in der fünften und sechsten Wertung nicht plazieren. Im weiteren Verlauf des Rennens werden noch so manche Prämie gestiftet, so auch eine Prämie von 20 RM. (Stadt Konstanz) für das Heranführen der zweiten Gruppe an die Spitze. Der verlorene Boden ist aber recht groß und die Frist verstreicht, zunächst ohne daß der Anschluß hergestellt ist.

Die Wertungen und die eingelegten Prämienspurts bringen immer wieder herrliche Kämpfe, bei denen oft Reifenstärke entscheidet. Martin und Hummelmann-Singen kommen zum Sturz, dabei sah es bald nach Aufgabe der Fahrer aus, aber trotz der Verletzung geht es weiter. Wagner-Zürich löste sich von der zweiten Gruppe und konnte zur Spitzengruppe auschließen, damit die von der Stadt Konstanz gestiftete Prämie gewinnend. Sandrini-Mailand fuhr ein verhaltenes Rennen, er war zwar immer in der Spitze, aber in den Wertungen konnte er sich nicht durchsetzen. Das Feld war wieder geschlossen, es ging dem Ende zu. Steger-Singen kam mächtig auf, zeigte seine große Klasse und gewann die Wertungsprämie für die Überrundung des Feldes (gestiftet vom Ratskollegium der Stadt Konstanz). Die Schlußwertung sah aber doch Sandrini in Front, zum Endsieg reichte es ihm aber nicht.

Das erste Radrennen in der Bodensee-Kampfbahn war zu Ende. Fahrer und Zuschauer waren sehr zufrieden. Im September wird das zweite Radrennen auf der Bodensee-Kampfbahn ausgefahren werden. Die Spendefreudigkeit soll auch nicht nachlassen, so daß wir mit einem großen Rennen rechnen dürfen.

Die Ergebnisse:

Erstes Rennen, Junioren, 20 Kilometer = 30 Runden: 1. Heinzmann Albert, Singen, 23 Punkte, 34,3 Minuten; 2. Ilg Hermann, Steckborn, 15 Punkte; 3. Hein Heinrich, Nenzingen, 13 Punkte; 4. Lüschner Gustav, Kreuzlingen, 4 Punkte.

Zweites Rennen, Zeitfahren, 1000 Meter: 1. Steger, Singen, 1.35 Minuten; 2. Grau, Winterthur, 1.39 Minuten; 3. Sandrini, Mailand, 1.39,2 Minuten; 4. Iasili, Zürich, 1.40 Minuten; Rusch, Zürich, 1.40,3 Minuten.

Drittes Rennen, Ausscheidungsfahren für Amateure: 1. Ott, Konstanz; 2. Rupp Hugo, Schwenningen; 3. Frei Ott, Stein am Rhein; 4. Weber Johann, VIllingen.

Viertes Rennen, Amateure, 50 Kilometer = 125 Runden: 1. Grau, Winterthur, 16 Punkte, 1.27 Minuten [Anm. Webmaster: Zeitangabe im Original falsch]; 2. Scherzinger, Villingen, 15 Punkte; 3. Bolesco, Zürich, 11 Punkte; 4. Hummelmann, Singen, 10 Punkte.