Für einen Australier kaum zu glauben

Australische Rad-Profis sorgen bei der Tour de France für Aufsehen: Baden Cooke ist der aktuelle Träger des Grünen Trikots vor McEwen. Bradley McGee gewann den Prolog und Michael Rogers war bei der Deutschland-Tour der Schnellste. Auch in unserer Region geht ein australischer Fahrer an den Start: Robert Hodgson vom VMC Konstanz. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erklärt der 21-Jährige die Radsport-Leidenschaft in seiner Heimat.


Rob Hodgson

Wie kam es zu Ihrem Engagement in Konstanz?

Ich bin vor vier Monaten nach Konstanz gekommen. Ich habe vorher schon vom Team hier in Konstanz gehört und die Homepage im Internet gesehen. Ich habe mit Teamchef Thomas Keck telefoniert und er hat daraufhin meinen Wechsel hierher organisiert. Er hat zum Beispiel meine Lizenz besorgt.

Wie gefällt Ihnen die Radsportwelt in Deutschland im Vergleich zu der in Ihrer Heimat?

Wir sind beim VMC eine wirkliche Mannschaft im Gegenteil zu den Teams in Australien. Dort ist der Radsport keine Mannschaftssportart, es ist mehr individuell geprägt. In Deutschland steht die Mannschaft mehr im Vordergrund und man muss sich untereinander bei den Rennen helfen, das finde ich sehr gut. Der Radsport hat hier eine große Tradition, bei uns zu Hause nicht unbedingt. Es gefällt mir in Konstanz auch privat sehr, sehr gut. Ich fühle mich mittlerweile wie zu Hause. Vor allem Konstanz ist ein idealer Ort zum Trainieren.

Was trauen Sie Ihrem Team zu?

Ich glaube, wir haben beim VMC viel Potenzial. Gerade vom Ex-Profi Dennis Buben können wir jüngeren Fahrer sehr viel lernen. Er teilt seine große Erfahrung mit uns. Davon profitieren wir alle. Die Rennen hier sind viel anspruchsvoller als die bei uns, die Konkurrenz hier ist viel größer.

Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen?

Eigentlich bin ich Straßenfahrer über lange Distanzen. Hier in Deutschland werden viele Rundstreckenrennen ausgetragen. Das ist für mich noch schwierig. In Australien gibt es so etwas nicht, wir kennen nur lange Straßenrennen von Punkt zu Punkt. Das ist eine ganz andere Art von Rennen. Hier gibt es auf den Rennen viele Berge und viele Kurven. Das passt mehr zu den Sprintern. Ich fahre lieber die langen Strecken, ich bin kein Sprinter. Derzeit habe ich noch nicht genug Kraft, um diese kurzen, anstrengenden Rennen zu fahren.

Träumen Sie von einem Dasein als Vollprofi?

Natürlich träume ich davon. Als ich aber nach Deutschland kam, habe ich gelernt, wie schwer Radsport wirklich ist. Berufsfahrer haben einen sehr schweren Lebensstil. Aber ich träume davon und vielleicht schaffe ich es irgendwann.

Wie nimmt die australische Öffentlichkeit die Erfolge der Fahrer wahr?

Ich persönlich habe viel über die Szene in Deutschland und Europa gehört und gelesen. In Australien wird im Fernsehen und in den Zeitungen nur die Tour de France wahrgenommen. Das bekommt jeder mit. Aber ich wusste wirklich nicht, wie groß und wichtig der Radsport hier tatsächlich ist.

Hat Sie das überrascht?

Was mich ganz besonders überrascht hat, ist die große Anzahl der Zuschauer auch bei unwichtigeren Rennen. In Australien ist es so, dass die Rennen in Industriegebieten oder ganz weit weg von großen Städten ausgetragen werden. Wenn man dann ins Ziel kommt, warten dort vielleicht 20 Leute und das sind dann meistens noch die Betreuer und Eltern der Fahrer.

Fühlen Sie sich deswegen als Radsportler hier wohler?

Ja, natürlich. Es ist natürlich viel schöner, vor eine großen Zuschauerzahl zu fahren. Da macht es viel mehr Spaß. Was mir auch beim Training sehr positiv aufgefallen ist: Die Autofahrer passen viel mehr auf die Radfahrer auf. Fast jeder hier fährt Rad, auch wenn es nicht alle Sportler sind. In Australien fahren nur die Rad, die auch Sportler sind. Wer Rad fährt, macht das mehr oder weniger professionell. In Australien gibt es keine Radwege und die Autofahrer hassen die Radfahrer geradezu. Es kann in Sydney sehr gefährlich sein, mit dem Rad unterwegs zu sein. Es ist so schön, hier zu wohnen. Man kann zwei Pässe an einem Abend fahren - das ist einfach wunderbar und aus der Sicht eines Australiers kaum zu glauben.

Nachgefragt hat:
Andreas Schuler

(Südkurier, Ausgabe vom 18.07.2003)